1.7.16

Über BITTE, DANKE und einen Facebook-Post

Eigentlich schreibe ich auf diesem Blog immer montags einen Beitrag. Das hat sich so eingebürgert, weil ich hier mehr oder weniger meine private Meinung und persönliche Eindrücke kundtue. Manchmal muss ich mich aber eher zu Wort melden, weil mir etwas auf der Seele brennt. So ist es auch heute. Getreu dem Motto: „Wer die Regeln kennt, der darf sie auch brechen“ mache ich mir eben einmal am Freitag so meine Gedanken.
Auslöser war ein Post auf Facebook. Der lautete: „Mein Kind wird von mir nicht angehalten "Bitte" und "Danke" zu sagen. Dafür ernten wir oft erboste Blicke Und Kommentare. Wie steht ihr zu der Thematik“? Mein erster Einfall war: Na, wie ist der den drauf. Auf die anschließende Diskussion war ich echt nicht gefasst. Ich war erstaunt, wie viele Menschen doch der Meinung sind, dass man die Kinder nicht anhalten sollte, allgemeine Höflichkeitsregeln einzuhalten, weil es sie in ihrer Persönlichkeit und ihrem Selbstbewusstsein einschränken würde.

Ich hätte diese ganzen Sachen nicht vor dem morgendlichen Hundespaziergang lesen sollen! Irgendwie hab ich ständig dieses Thema im Kopf gehabt. Anstatt mich  wie gewöhnlich am frühen Morgen und an der Natur zu erfreuen, musste ich pausenlos nachdenken.

Zuerst fiel mir der Kumpel unseres Sohnes ein. (Ich glaube man hat versäumt, ihm solche „Höflichkeitsdingens“ beizubringen.) Es stört mich überhaupt nicht, dass er einfach ohne zu klingeln zu unserer Haustür hereinmarschiert. Aber es bereitet mir ziemliches Bauchgrummeln, dass er sich dann ohne ein Wort an uns vorbeidrücken will. Wir haben es uns als Familie inzwischen angewöhnt im Chor zu sagen „Guten Tag, lieber D.“ .Zum Glück bekommen wir mittlerweile meist ein Grinsen und auch eine Antwort.
Nun stellt sich mir die Frage: Haben wir mit unserer „familiären Erziehungsmaßnahme“ sein Selbstbewusstsein untergraben?

Und wie ist das überhaupt mit dem gesunden Selbstbewusstsein? Kann man das entwickeln, wenn man immer und überall in Watte gepackt wird? In den Beiträgen auf Facebook kommen solche Sachen vor wie: Kinder sollen selber entscheiden, Worte sind nur leere Hülsen ... etc.

Wie habe ich das bei unseren Kindern gehandhabt?
Wir leben alle in sozialen Beziehungen miteinander. In denen gelten die jeweiligen Gruppenregeln. An die sollte man sich anpassen, wenn man innerhalb dieser Gemeinschaft agieren will. Wenn man das nicht möchte, dann steht es uns, frei die Regeln zu missachten. Dafür müssen wir aber dann auch die Konsequenzen tragen. Wir können aber nur willentlich gegen die Normen verstoßen, wenn wir sie auch kennen. Daher ist es meines Erachtens die Pflicht der Eltern den Kindern diese Richtlinien beizubringen.
Eine dieser Regeln ist es auch, dass man innerhalb der Gruppe respektive der Familie bestimmte Aufgaben übernehmen muss. (Ich befürchte, an dieser Stelle wird die Community aufschreien: Kinder sollen doch Kinder bleiben!) Habe ich lange Zeit auch so gesehen und unseren Nachwuchs recht wenig belastet. Die häuslichen Aufgaben im Familienverband waren nach meiner Sicht recht klein. Vielleicht ist es (und ich ahne, dass das die Wahrheit ist) meine Schuld, dass sie jetzt, wo sie erwachsen sind, in ihrem Leben viel zu oft herumeiern als schnurstracks auf ein Ziel loszumarschieren. (Sorry Kinder, ich sehe das so - wir können ja am Wochenende darüber reden.)

Als ich mit meinem Gedankenkarussell an dieser Stelle angekommen war, fiel mir eine meiner Lieblingsszenen aus dem Film „Gremlins – kleine Monster“ ein. Der süße Fellpuschel Gizmo hat sich aus einer Büroklammer einen Bogen gebastelt und bindet sich ein Band in Rambo-Manier um den Kopf. Dazu sagt er die wesentlichen Worte „Ein Mann muss tun, was ein Mann eben tun muss.“ (Das gilt natürlich auch für Frauen!) Aber wie soll man den „tun was zu tun ist“, wenn man nie gelernt hat, dass man „seins“ auch mal hintenanstellen muss? Selbstverständlich nicht immer und in jeder Situation. Dafür gibt es ja diesen Rahmen, der unser Zusammenleben regelt beziehungsweise regeln sollte. Wenn ich den jedoch nicht kenne, werde ich doch ständig daran anstoßen und mich wundern warum andere so „komisch“ reagieren. Will ich mich absichtlich dagegen entscheiden, dann braucht es zwei Dinge. Hier komme ich zu meiner anfänglichen Aussage zurück: Wer die Regeln kennt, der darf sie auch brechen. Und man muss wissen, welche Wirkungen das für einen selbst und die Umwelt hat. Dazu braucht es aber eine gewisse Lebenserfahrung. Und können Kinder erst nach und nach ansammeln. (Sind wir mal ehrlich: Jedes Vorschulkind würde mit Begeisterung die „lange Nacht der Horrorfilme“ anschauen, wenn man es lassen würde, ohne darüber nachzudenken, dass es in den nächsten Wochen mehr als nur Monster unter dem Bett vermuten wird.)

Ehe ich mich jetzt aber in Erziehungsfragen verliere, driften meine Gedanken wieder zu BITTE und DANKE zurück. Bisher hatte ich darüber noch nie so intensiv nachgedacht. Inwiefern gehört das eigentlich zu unserer Kultur?

Wenn wir uns auf die christlich-abendländische Tradition beziehen, finden wir Dank- und Bittgebete. Also scheint das schon mal über Jahrhunderte verankert zu sein. Für alle die jetzt aufschreien, dass sie mit dem Christentum nichts am Hut haben, kann ich nur hinzufügen: Ich auch nicht (aber ich feiere trotzdem Weihnachten)

Betrachten wir die andere Seite der Medaille. Alle wahrhaft spirituell arbeitenden Menschen nähern sich der Natur und ihren sichtbaren und unsichtbaren Geschöpfen mit Hochachtung. Auch hier gehören BITTE und DANKE zu den allgemeinen Gepflogenheiten.
Warum sollte das in unserem Zusammenleben anders sein? Es ist doch nichts als ein Zeichen der Achtung dem anderen Menschen gegenüber.

Ich habe dem Schreiber des Postes, der diese, meine Gedankenflut losgelassen hat, eine Frage gestellt, denn ich habe auf seinem Facebook-Profil gesehen, dass er einen Laden leitet: „Du hast ein Geschäft. Wie kommunizierst du mit den Kunden? Ohne bitte und danke?“
Ich habe noch keine Antwort bekommen. Aber das würde mich brennend interessieren.

Bitte ... mal ganz ohne Worte!

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