24.2.17

Besuchen Sie das Hainholz - solange es noch steht!

Zugegeben, diese Überschrift ist etwas reißerisch. Aber in den letzten Tagen ging mir das Lied von Geier Sturzflug nicht aus dem Sinn. Dort heißt es
Dann ist alles längst zu spät,
dann ist, wenn schon nichts mehr geht,
besuchen Sie Europa,
solange es noch steht.

Es trifft genau meine Stimmung, wenn ich das Wort Europa mit dem Begriff Hainholz austausche.

Unsere Stadtverordneten haben entschieden, was mit dem allseits beliebten Naherholungsgebiet geschehen soll. Oder haben sie sich darum gedrückt? Die MAZ schreibt: »Im nicht-öffentlichen Teil wurde der Verkauf der zehn Hektar großen Fläche an den Heidelbeerplantagenbetreiber Bernd-Uwe Arndt mit zehn Ja- bei sieben Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen beschlossen. »

Wie kann man sich der Stimme enthalten, wenn es um eine Sache geht, die den meisten Bürgern wirklich ans Herz gewachsen ist?!

Ich habe in den letzen Wochen so viele Fragen und Gespräche geführt, dass ich mir trotz meiner Notizen, nicht mehr alles merken kann. Die Vorschläge reichten von Unterschriftensammlungen bis zur Organisation einer Demonstration.

Irgendwie habe ich immer noch (bis zum bitteren Ende) an den gesunden Menschenverstand geglaubt. Warum sollte man die Lebensqualität (sprich Erholungsmöglichkeit) aller, zum Vorteil eines Einzelnen einschränken?

Das ganze Verfahren hat für mich den Beigeschmack von Unredlichkeit. Im Vorfeld tauchte des Öfteren die Bemerkung auf: »Das darf man ja nicht sagen, dann wird man gleich verklagt«. Ich finde es schon seltsam solche Sätze zu hören, wo wir doch in der Prignitz und nicht in der Türkei leben.

Je mehr ich überlege, desto mehr Fragen stellen sich mir.
Die habe ich mal zusammengefasst und als Leserbrief an die MAZ geschickt. Nun kann es durchaus sein, dass man aus Platzgründen, einiges davon streicht. Ich will nicht darüber nachdenken, dass es auch andere Beweggründe geben könne, da unsere Zeitung in der letzten Zeit mutig und  offen über das ganze Prozedere geschrieben hat.
Trotzdem, hier also mein vollständiger Leserbrief:

In unserer Stadt schlagen die emotionalen Wogen wegen des Verkaufs der Baumschule hoch. Ich kann das nachempfinden, denn ich bin ja unmittelbar darin involviert. Trotzdem kann ich es nicht gut finden, wenn es in den sozialen Medien Beschimpfungen regnet. Das bringt uns nicht weiter.
Ich habe im Vorfeld einmal mit Herrn Arndt telefoniert. Der erschien mir als ein vernünftiger Mensch, der sein Unternehmen vergrößern will. Das kann ich durchaus nachvollziehen. Allerdings gehen unsere Vorstellungen von Natur ziemlich weit auseinander. Für ihn scheint alles, was grün ist und Blätter hat, in diese Kategorie zu fallen. Die meisten von uns sehen das wohl etwas anders.
Wer zur Stadtverordnetenversammlung war, der kann nicht abstreiten, dass den Pritzwalkern ihr Hainholz sehr am Herzen liegt. Mich beschäftigen im Nachhinein jedoch noch einige Fragen:

Herr Arndt hat mir gegenüber erzählt, dass er nicht von hier sei und hier auch niemanden kennen würde. Wie kommt er denn dann überhaupt auf die Idee, einen Kaufantrag für einen Teil unseres Naherholungsgebietes zu stellen, für den es eigentlich keine ursprünglichen Verkaufsabsichten gab?

Warum habe ich auf meine Anfrage zu dieser Thematik, die ich im OKTOBER 2016 gestellt habe, zuerst keine Antwort von der Stadtverwaltung bekommen. Erst als die Sache vor den Stadtentwicklungsausschuss sollte, hat man sich kurzfristig mit mir in Verbindung gesetzt.

Mein Konzept zur Erhaltung des Baumbestandes der ehemaligen Baumschule, welches ich im Stadtentwicklungsausschuss vorgestellt habe, beinhaltet drei Säulen. Eine davon besagt, dass man die vorhandenen Gehölze u.a. als Arboretum nutzen kann, um Wissen und Kenntnisse über Bäume und Sträucher zu vermitteln. Wieso bietet man mir kurz vor der Stadtverordnetenversammlung von Seiten der Stadtverwaltung eine Ausweichfläche an, die jedoch keinerlei Bezug mit diesem Vorschlag hat?

Wieso verkauft die Stadt Pritzwalk Land bzw. Wald ohne zwingende Notwendigkeit? Immerhin befinden sich im Stadtsäckel mehr als 7 Millionen Euro, wie unser Bürgermeister Herr Brockmann zur Stadtverordnetenversammlung stolz verkündete.

Zu Beginn der Bürgerfragestunde der Stadtverordnetenversammlung wurde eine Anfrage gestellt, ob denn die Stadtverordneten alle erforderlichen Unterlagen vorliegen hätten. Das wurde vom Bürgermeister persönlich bestätigt. In der zweiten Fragerunde habe ich sicherheitshalber noch einmal nachgefragt, ob die Stadtverordneten mein Konzept zur Erhaltung der Baumschulfläche vorliegen hätten. Das wurde von allen Fraktionen verneint. Hat unser Bürgermeister also gelogen?

Ist eine Stadtverordnetenversammlung in so einem Falle überhaupt zu dieser Thematik beschlussfähig? Was sagt denn die kommunale Geschäftsordnung, auf die man im Rathaus immer so pocht, zu so einer Konstellation? Könnte es sein, dass man Unterlagen und Informationen absichtlich zurückgehalten hat?

Je länger ich über diese ganze Angelegenheit nachdenke, desto mehr Fragen tauchen auf?
Bürgermeister Brockmann betonte vehement und ziemlich unfreundlich, dass Grundstücksangelegenheiten nicht in den öffentlichen Bereich der Tagung gehören. Wer durch Pritzwalk geht, der hat sicher schon des Öfteren an verschiedenen Häusern die Plakate mit der Aufschrift "Haus sucht Hüter“ entdeckt. Hätte da zumindest nicht im Hainholz etwas Ähnliches hängen müssen? „Wald sucht Behüter“ wäre wohl treffend gewesen.

Inzwischen schließen sich immer mehr Leute zusammen, die sich dafür engagieren, dass unser Hainholz auch uns allen zugänglich bleibt. So habe ich noch ein kleines bisschen Hoffnung im Herzen, das wir das Blatt noch wenden werden.

Wenn nicht, dann können sich alle Beteiligten zumindest auf einen spannenden Roman freuen. Immerhin habe ich mir zu den Vorgängen eifrig Notizen gemacht. Der Arbeitstitel für mein neues E-Book steht jedenfalls schon fest: »Wie ich den Wald retten wollte - ein Protokoll«

P.S. Im Herbst sind Wahlen. Wir sollten echt gut nachdenken, in wessen Hände wir zukünftig die Geschicke unserer Stadt legen.


Bildquellenangabe: Monika Fikerment  / pixelio.de
Sieht es in Teilen des Pritzwalker Hainholzes bald so aus?

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