12.9.16

Alltag, Chaos und Feng Shui



Auch wenn das Wetter derzeit etwas anderes sagt, die Urlaubszeit ist vorbei der Alltag hat mich endgültig wieder.

Und so stehe ich dann leicht fassungslos in meinem Büro und schaue, was sich da so alles angesammelt hat. Zugegeben ich bin schon von Haus aus ein „Sammler und Aufstapler“. Bücher, Zeitschriften und Unterlagen für die verschiedensten Projekte bilden meist interessante Haufen in meinem Arbeitszimmer. Aber da ist in den letzten Wochen doch etwas viel zusammen gekommen. Das stört mich nun doch gewaltig. Ich habe einmal einen Aufkleber geschenkt bekommen, auf dem steht „Dieses Chaos wurde streng nach Feng Shui ausgerichtet“.

Auch mit viel Wohlwollen betrachtet, mein Büro ist derzeit sehr weit entfernt von guter Energie. Seufzend beschließe ich erst einmal Ordnung in das Durcheinander zu bringen. So richtig Lust habe ich allerdings nicht. Nach guter alter Prokrastinations-Manier (zu Deutsch: Aufschieberitis) beschließe ich doch erst einmal meine Mails abzuholen.

Aber das Leben zeigt mir wieder einmal, wo der Hammer hängt. Eine der Infos, die sich auf meinem Rechner einfinden, bezieht sich auf das spannende Thema „Warum Unordnung und Chaos bares Geld kosten“. Ich lese mir also diesen Artikel auf http://www.ordnungsliebe.net/ durch und nicke dabei zustimmend mit dem Kopf. Die beschriebenen Situationen kenne ich nur zu gut.

Ich lese mir dann noch weitere Infos zum Thema durch – die natürlich auch nicht neu für mich sind, sondern nur „den Finger in die offenen Wunden legen.“
O.k. ich hab es ja verstanden! Also schiebe ich mir nun eine Musik-CD in den Rechner und fange endlich an aufzuräumen!




5.9.16

Der flatternde Pirol, Preußens Töchter und Steckrübenröstis



Zugegeben, so eine Überschrift könnte für Verwirrung sorgen. Diese lässt sich aber ganz leicht beseitigen, wenn ich erkläre, dass ich das vergangene Wochenende wieder einmal in meinem Lieblingskloster „Zum heiligen Grabe“ verbracht habe.

Diesmal stand Qigong auf dem Plan. Genaugenommen Herz-Qigong. Weil ich das noch nicht kannte, habe ich unter der freundlichen und kompetenten Anleitung von Hans Martin Lorentzen einige schöne neue Übungen erlernt. Eine davon trägt den Namen „Der Pirol flattert mit den Flügeln“. Somit wäre der erste Teil der Headline gedeutet.

„Preußens Töchter“ ist die Ausstellung, die sich schon seit geraumer Zeit in den Hallen des Klosters befindet. Zum Anfang des vorigen Jahrhunderts (wie sich das anhört!) diente das Damenstift als Internat für adlige (und auch nichtadlige) Mädchen. Die Exponate vermitteln einen guten Eindruck, wie es damals so bei der Ausbildung „höherer Töchter“ zuging. Das alles wird noch sehr anschaulich durch Ausschnitte aus dem Film „Mädchen in Uniform“ unterstrichen. Besonders interessant finde ich natürlich, dass es sogar immer noch einige Zeitzeugen gibt, die per Konserve zu Wort kommen.

Steckrübenrösti gab es schlussendlich am Sonntag zum Mittagessen im Klosterhof. Wer jetzt das Gesicht verzieht und denkt „Igitt – Kohlrüben“, der sollte sich wirklich eines Besseren belehren lassen. Das Essen war (wie an allen anderen Tagen) so schmackhaft, dass man sich einfach „alle zehn Finger danach lecken muss“.

Das waren nur drei Highlights aus meinem vergangenen Wochenende. Zu erwähnen gibt es natürlich aber noch mehr: Ein Führung durch Kapelle und Kirche, das letzte der Sommerkonzerte, eine wunderbare Linsenspeise oder die netten Begegnungen mit den anderen TeilnehmerInnen des Kurses. Besonders witzig fand ich die Situation, dass wir (zu zweit) gemeinsam mit einer Gruppe aus Wittstock an der Führung teilnahmen. Die waren anlässlich „40 Jahre Abitur“ zusammengekommen. Da ernteten wir schon den einen oder anderen verzweifelten Blick, weil man krampfhaft versuchte uns „einzuordnen“. Schließlich haben wir dann lachend die Sache aufgeklärt: Man hätte sich beim besten Willen nicht an uns erinnern können, weil wir nicht „dazu gehörten“. Es war schon amüsant zu sehen, wie sich auf einigen Gesichtern die Erleichterung abspielte. Ganz so vergesslich war man anscheinend doch nicht, wie man befürchtet hatte. 


29.8.16

Vorn einem chinesischen Dichter, Eisenhower und dem Frust nach dem Urlaub



So schnell geht das – der Urlaub ist vorbei. Die Wäsche ist schon wieder im Schrank verstaut und die leeren Koffer schlummern auf dem Boden. Einzig und allein der Nordsee-Sand, der an den seltsamsten Stellen auftaucht, ist ein handgreifliches Indiz dafür, dass man wirklich einige Tage den heimatlichen Wald verlassen hat. Und natürlich die Fotos: Strand, Meer, Hund am Strand, Hund am Meer, Hund im Meer, noch mehr Strand und noch mehr Meer. Wehmütig betrachte ich diese Beweise.

Nach dem Urlaub ist vor dem Urlaub?

Eigentlich sind diese Worte wohl als Trost gemeint. Wenn ich mir aber die Berge von Arbeit ansehe, die sich so um meinen Schreibtisch türmen, dann würde ich sie momentan in die Rubrik Sarkasmus einordnen. Als Selbstständige hat man das Problem (sofern das Einkommen noch nicht vollautomatisiert übers Internet läuft) das sich die unerledigten Aufgaben anhäufen. Zudem habe ich meine freie Zeit genutzt um noch einige Ideen zu entwickeln, die auch noch auf die Verwirklichung warten. Es sieht also tatsächlich so aus, als ob ich, wenn ich das alles in „Sack und Tüten“ habe, schon wieder Urlaub brauche.
Allerdings soll Abraham Lincoln einmal folgenden Spruch geprägt haben: Wer Urlaub braucht, hat keinen verdient.

Dann werde ich mir also mal ein schönes Bild vom Strand ausdrucken, es gut sichtbar aufhängen, symbolisch in die Hände spucken und loslegen. Am besten beginne ich schon mal mit der wöchentlichen To-Do-Liste und halte mich an einen Spruch von Lin Yu-Tang: Neben der edlen Kunst, Dinge zu verrichten, gibt es die edle Kunst, Dinge unverrichtet zu lassen.

Ach ja – die alten Chinesen – wie recht sie auch heute noch haben! Nun überlege ich also, was ich alles nicht machen will, brauche und muss. Schau an, der Berg mit Unerledigten wird schon von ganz allein ein bisschen kleiner! Da fällt mir ein, dass ich im Laufe meines Lebens mal über eine Methode für das Unterteilen der Aufgaben gestolpert bin. Richtig! Das Eisenhower-Prinzip! Der alte Engländer hat es weniger prosaisch, aber dafür eindeutig ausgedrückt:

  • Unterteile deine Aufgaben in Wichtiges und Unwichtiges.
  • Unterteile das Wichtige in Dringendes und nicht Dringendes.
  • Unterteile das Unwichtige in Dringendes und nicht Dringendes.


Da haben wir es wieder! Gute Planung ist der halbe Erfolg! Darauf koche ich mir jetzt erst einmal einen Kaffee! Das ist wichtig und dringend!


8.8.16

Von großen Haufen und Lego-Deutsch



Meine Lieblingsnorwegerin* hat mit einen schönen Artikel über die deutsche Sprache geschickt. Darin heißt es u.a.:


Das Deutsche lädt geradezu dazu ein, neue Wörter aus bestehenden zusammenzusetzen. Man hat es deshalb auch Lego-Sprache genannt. Der Vorteil: Aus den zusammengesetzten Wörtern kann man meist die neue Bedeutung sofort herauslesen. Man erkennt aufgrund des Wissens über die Bedeutung von Kind und Arzt auf einen Blick die Bedeutung des neuen Begriffs Kinderarzt. Wenn man die Kombination von Kind und Arzt einmal gefunden hat, kann man alle anderen Bezeichnungen für die Arztberufe genauso konstruieren und verstehen: Frauenarzt, Zahnarzt, Tierarzt, ja sogar bis zum komplexen Hals-Nasen-Ohren-Arzt reicht die Spannweite. So kann der deutsche Wortschatz beliebig erweitert werden. Das ist ideal auch für wissenschaftliche und technische Begriffe. (Natürlich verführt so etwas auch zu Wortungetümen wie dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz. Aber immerhin alles unter einem Dach.)

Autor: Roland Kaehlbrandt

Das verführt natürlich zu weiteren Überlegungen. Beim alltäglichen Hundespaziergang entwickelten wir solche Kreationen wie Wedelschwanz, Stöckezerkauer, Eichhörnchenjäger und Modderpampenlieger. (Eingeweihte wissen, dass es sich bei unserem Hund um einen reinrassigen Labradormischling handelt.) Wer also mal Langeweilezeiten mit Kindern überbrücken muss, der sollte sich dieses Spiels bedienen. Die Möglichkeiten sind nahezu grenzenlos. Unsere bedeutendste Wortschöpfung war übrigens Großehaufenkacker.

*Ehe ich es vergesse: Die Bezeichnung Lieblingsnorwegerin gehört wohl auch in die Legosprachenkategorie. 


25.7.16

Frau Hippe, Frau Holle und die Wilde Jagd

Wenn man jetzt über Land fährt, dann sieht man die Mähdrescher bei der Arbeit. Stunde um Stunde rücken sie den Getreidefeldern zu Leibe. Meist sind es drei oder gar noch mehr, die sich wie gefräßige Tiere durch die Halme fressen.

Beim Zuschauen frage ich mich, was den aus der Kornmuhme geworden ist? Kennt die überhaupt noch jemand? Ist sie in die Schneidwerkzeuge der Mäher geraten und in tausend kleine Stücke gehäckselt worden? So wie ich sie in Erinnerung habe, wäre das nicht gerade von Vorteil. Damit kann sie sich überall verbreiten und kräftig Unheil säen.
Ihr kennt die Kornmuhme nicht?
Vom Prinzip her gehört sie in die gleiche Gattung wie Frau Holle. Es sind ehemals alte Göttinnen unserer Vorfahren, die als Sagen- oder Märchengestalten ihr Dasein fristen. Oder fristeten. Frau Holle hat es zumindest in den Märchenschatz der Gebrüder Grimm geschafft. Die Kornmuhme, Roggenmuhme oder Frau Hippe, wie sie je nach Gegend heißt, hat es dagegen ungleich schwerer.

Bei Wikipedia wird sie wie folgt beschrieben:
Die Roggenmuhme geht im Feld auf und ab, ernährt sich vom Korn und reißt die unreifen Ähren aus. Wenn sie dem Bauer zürnt, so dorrt sie sein Feld aus und straft ihn auf diese Weise. Allgemein sorgt das durchschreiten des Feldes durch die Roggenmuhme allerdings für Fruchtbarkeit. Bei der Ernte flieht sie in die letzte Garbe. Die Roggenmuhme erhält auch einen Anteil an der Ernte, der entweder stehen gelassen oder ins Feld geworfen wird. Diese Sitte soll die Roggenmuhme gnädig stimmen und ein fruchtbares nächstes Jahr herbeiführen.

Kein Wunder, dass man sich nicht mehr erinnert. Wer stellt den heute noch Garben aufs Feld. Wo soll die Arme denn nun wohnen?

Ihre eigentliche Arbeit bestand auch darin, das Einhalten der Mittagsruhe zu „überwachen“. Wikipedia weiß auch darüber Bescheid:
Die Roggenmuhme tritt insbesondere in der Mittagszeit zwischen 12:00 Uhr und 13:00 Uhr auf, in einer Stunde, die dialektal auch im Untern oder Onnern genannt wird. Daher heißt sie Mittagsfrau, Mittagsmutter, Untermutter, Untermuhme, Enongermur, Enungeschmor, Enongeschmor, Enongermoer oder Einuhrsmutter. Wen sie Mittags auf den Feldern antrifft, den tötet sie oder erschreckt sie durch sonderbare Redensarten

Wenn ich die gegenwärtige Wetterlage von 30 Grad bedenke, dann täte man gut daran, sich an ihre Auflagen zu halten. Aber das ist keine Option für die Mähdrescherfahrer und so ist die Alte wohl doch „unter die Messer geraten.“

Sie ist dabei wohl in guter Gesellschaft. DER WILDEN JAGD ging es ähnlich. Kaum einer erinnert sich heute noch an die unheimliche Horde, die als Geisterzug unter Toben und Schreien durch die Lüfte zieht. Mit ihr ziehen (laut Wikipedia):
Männer, Frauen und Kinder, meist solche, die vorzeitig einen gewaltsamen oder unglücklichen Tod gefunden haben. Der Zug besteht aus den Seelen der Menschen, die „vor ihrer Zeit“ gestorben sind, also durch Umstände verursacht, die vor dem natürlichen Tod im Alter eintraten. Legendarisch ist überliefert, dass Menschen, die den Zug betrachten, mitgezogen werden und dann jahrelang mitziehen müssen, bis sie befreit werden. Auch Tiere, vornehmlich Pferde und Hunde, ziehen mit.
Allgemein ist die Wilde Jagd dem Menschen nicht feindlich gesonnen, doch ist es ratsam, sich niederzuwerfen oder sich im Hause einzuschließen und zu beten. Wer das Heer provoziert oder ihm spottet, wird unweigerlich Schaden davontragen, und wer absichtlich aus dem Fenster sieht, um das Heer zu betrachten, dem schwillt etwa der Kopf an, so dass er ihn nicht zurückziehen kann.


Dieser Zug ist je nach Gegend in den Rauhnächten (zwischen Wintersonnenwende und Hohenneujahr) oder auch zu anderen Zeiten unterwegs. Auch ihnen hat man, nach der Ernte, einige Heu- oder Grasbüschel stehen gelassen um sie gnädig zu stimmen.

Wenn ich mir unseren effizienten Ackerbau, vor allem im Zuge von Biogasanlagen und nachwachsenden Rohstoffen, begutachte, dann hatte die Wilde Jagd wohl ebenso keine Chance wie die Roggenmuhme.

Wie schade eigentlich – damit ist unsere Welt wieder um etwas ärmer.

Bildquellenangabe:        Rainer Sturm  / pixelio.de